Das fliessende Licht der Gottheit

Gottesfürchtige Menschen von nah und fern pflegten rege Beziehungen zu den Waldschwestern im Finstern Wald. Im 14. Jahrhundert vermachte ihnen Margaretha vom Güldenen Ring aus Basel zwei Handschriften der Mystikerin Mechthild von Magdeburg (1207–1282). Eine dieser Schriften trägt den Titel «Das fliessende Licht der Gottheit» und zählt heute zu den herausragenden Werken der mittelalterlichen deutschen Literatur.

Den beiden Büchern sind je ein Blatt mit einer Notiz von Heinrich von Rumersheim, Margarethas Beichtvater, beigelegt. Auf demjenigen in «Das fliessende Licht der Gottheit» heisst es, er, Rumerheim, übergebe dieses Buch im Auftrag der verstorbenen Margaretha zum Güldenen Ring den Waldschwestern in der Vorderen Au. Es solle Monat für Monat von einem in das nächste der vier Schwesternhäusern gereicht und «nüt usser dem wald» gegeben werden. Und weiter, dass das Buch «sol ie ein Monat in eim huse sin und sol mans ie wider antwirten in albeg.»

Beide Handschriften, die dank dieser Schenkung  in die Waldschwesternhäuser gelangten, sind Übertragungen ins Mittelhochdeutsche. Sie entstanden um 1350 im Kreis der Basler Gottesfreunde rund um die Seelsorger und Prediger Heinrich von Nördlingen, Heinrich von Rumersheim, Johannes Tauler und Heinrich Seuse. Heute befinden sich die Bücher in der Stiftsbibliothek des Klosters Einsiedeln als Codex 277 und 278. Die Originale sind verschollen.